*112125*
M.
Maximenko
Nationale Universität für
Lebensmitteltechnologien (Kiew, Ukraine)
Regeln
zur Verbesserung der Kommunikation in Seminaren
Die praktische
Anwendung psychologischer Erkenntnisse verlangt Handlungen und dazu den Mut,
theoretische Details oft rücksichtslos zu vernachlässigen. Wenn die
angewandte Psychologie Ratschläge für Praktiker formuliert, muß
sie sich immer mit Problemen beschäftigen, die komplexer sind, als sie in
der theoretischen Beschäftigung berücksichtigt werden können und
sie muß Entscheidungen zwischen Handlungsalternativen treffen, eben einen
klaren Ratschlag geben und kann nicht im Abwägen von Eventualitäten
verharren.
Diese Lernhilfsregeln zur Verbesserung der Kommunikation sollen dazu
dienen, die manchmal von realer Konkurrenz und imaginiertem Leistungsdruck
beherrschte Atmosphäre in Seminaren zu verbessern. Sie sollen die meist
informellen und impliziten Verhaltensregeln ersetzen und zu einer echten
Kooperation hinführen. Zwar sind Sie in einer Lehrveranstaltung nur einer
von vielen, aber Sie allein sind für sich und Ihren Erfolg verantwortlich.
Diese Regeln sind keine starren Gesetze und sollten auch nicht ständig auf
ihre Einhaltung hin kontrolliert werden. Ziel ist, daß die beschriebenen
Verhaltensweisen mit der Zeit zur Selbstverständlichkeit werden. Solche
Lernhilfsregeln dienen zur verbesserung der Kommunikation:
• Gehen Sie davon aus, daß Sie
Lernbedürfnisse haben, die Ihre Kollegen und -innen in der Veranstaltung
nicht wissen, die auch die Leiter nur ahnen können.
D.h., damit jeder das lernt, was für ihn
am besten, wirkungsvollsten und notwendigsten ist, muß jeder seine
individuellen Lernbedürfnisse und -wünsche auch äußern.
• Gehen Sie davon aus, daß Sie den
Lernprozeß mitsteuern können.
D.h., die
Verantwortung für das, was jeder in der Veranstaltung lernt, liegt zu
einem Teil bei jedem Teilnehmer selbst, und jeder muß dafür aktiv
werden, damit er etwas lernt. Aktiv werden bedeutet, daß jeder Teilnehmer
möglichst von Anfang an - und auch immer wieder - deutlich sagt, was er
gerne von Kollegen und Leitern erfahren möchte Zeigen Sie sich aber auch
selbst bereit, Auskünfte zu geben und Erfahrungen auszutauschen.
• Versuchen Sie die Vorstellungen, die Sie von
den möglichen Lernergebnissen haben, immer wieder zum Ausdruck zu bringen
D.h., es ist
sinnvoll und notwendig für den Lernerfolg, wenn Sie auch folgende Aussagen
machen und Forderungen stellen, wie:
- "
Könnten Sie das nicht etwas intensiver behandeln?"
- " Kann mir
das einmal jemand in einfacheren Worten erklären?"
- " Ich halte
dieses Problem für recht unwichtig!"
- " Das
weiß ich eigentlich schon alles!"
• Wenn Sie ihre Lernbedürfnisse unbefriedigt
sehen, fragen Sie danach, was Sie selbst und die anderen zur möglichen
Befriedigung beitragen können, und welche Initiativen diesen Zustand
beheben könnten.
D.h., ziehen Sie
sich nicht zurück, wenn Sie merken, daß auf Ihre Probleme und
Bedürfnisse nicht eingegangen wird, sondern äußern Sie sich und
überlegen Sie mit den Kollegen und der Leitung, wie der Zustand
verändert werden kann. Es reicht z.B zu sagen: "Ich habe mir das
anders vorgestellt", oder: "Könnte mir hier jemand weitere
Informationen geben, Literatur empfehlen, andere Seminare empfehlen", etc.
• Unterbrechen Sie das Gespräch, wenn Sie
wirklich nicht teilnehmen können, wenn Sie z.B. gelangweilt oder
ärgerlich sind, oder sich aus einem anderen Grund von dem Geschehen in der
Gruppe isoliert fühlen.
D.h., es ist
für das Lernen sinnvoller, Langeweile oder Ärger nicht zu
unterdrücken oder außerhalb der Veranstaltungen abzureagieren,
sondern seine Empfindungen zu äußern und den anderen Teilnehmern
mitzuteilen. Vielleicht sind die anderen in einer ähnlichen Lage.
Verändert werden kann eine solche oder ähnliche Situation nur, wenn
sie sichtbar wird, d.h., z.B. ausgesprochen wird.
• Sprechen Sie nicht per "Man", sondern
per "Ich".
D.h., das
"Man" in der persönlichen Rede ist häufig ein
"Sich-Verstecken" vor der eigenen Verantwortung. Das "Man"
verflacht Stellungnahmen, wirkt allgemein und unpersönlich.
• Machen Sie nicht nur Aussagen zum Inhalt
(Stoff), sondern machen Sie auch öfters persönliche Aussagen.
D.h., Lernen
geschieht immer auf zwei Ebenen: einmal, in dem Inhalte (Stoff) vermittelt und
ausgetauscht werden (= Inhaltsebene) und zum anderen, in dem durch diese
Vermittlung von Inhalten auch Gefühle geprägt und verändert
werden (= Gefühlsebene). So z.B. kann mich als Lernender manchmal die Art
und Weise ärgern, in der ein Vortragender, Lehrer, Kollege mit mir redet;
oder ich freue mich über die Tatsache, daß mich jemand anspricht
oder fragt. Wenn ich aber ärgerlich bin, kann ich den Lerninhalten nicht
mehr so weit folgen, wie ich es dann könnte, wenn ich ausgeglichen
wäre. Deshalb ist es notwendig, auch über die Stimmungen Aussagen zu
machen, die beim Lernen auftreten.
• Stellen Sie sich den Lernprozeß als
gegenseitigen vor: daß Sie für die Leitung wichtig sind und die
Leiter auch für Sie.
D.h., meist ist den
Lernenden klar, daß der Lehrer, Leiter für Sie wichtig ist, es ist
ihnen aber nur selten bewußt, daß auch der Leiter von den
Teilnehmern lernt und auch von den Stimmungen der Teilnehmer beeinflußt
wird.
NatinaleUniversitat
für Lebensmitteltechnologien
Quellen
Watzlawick,
P.,Beavin, J., Jackson, D. (1996) Menschliche Kommunikation: Formen,
Störungen, Paradoxien. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Hans Huber.
Lück, H.E.
(1985). Psychologie sozialer Prozesse. Opladen: Leske+Budrich.