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Dr. phil. Svitlana Kiyko

Nationale Juri-Fedkovych-Universität, Chernivtsi, Ukraine

"Falsche Freunde" in der schriftlichen Produktion der ukrainischen Lerner des Deutschen

 

Im Laufe der letzten Jahrzehnte kann man ein fast explosiv anwachsendes Interesse am Phänomen "Falsche Freunde" beobachten [6: 85–147; 9: 199–202]. "Falsche Freunde" (FF) definiert man als formal ähnliche Wörter mit verschiedenem seman­ti­schem Inhalt und entsprechend mit Unter­schieden in den lexikalischen und gramma­tischen Kontexten, in denen sie vorkommen. Sie spielen sowohl in der fremd­sprach­lichen Kommunikation, als auch beim Fremdsprachen­erwerb eine wichtige Rolle, indem sie zum Abbau von Sprachbarrieren beitragen und den Einstieg in eine Fremd­sprache erleichtern. Zugleich kann die Ähnlichkeit der Ausdrucksseite von Wörtern der Mutter- und Fremdsprache irreführend sein und Interferenzfehler verursachen, weil man bei der ähnli­chen Lautung der Wörter ihre semantischen Strukturen gleichzusetzen pflegt, die meis­tens wenig oder gar keine Entspre­chungen aufweisen.

FF werden üblicherweise zur Erstellung und Herausgabe spezieller Wörterbücher der typischen Fehlerfür verschiedene Sprachenpaare erforscht (vgl. [9]). Dabei handelt es sich um potentielle faux amis, deren reale Fehlerrelevanz in Frage kommt und im einzelnen als sehr unterschiedlich eingeschätzt wird (vgl. [12: 14-15]. Daher er­scheint die gängige Praxis, faux amis als poten­tielle Fehlerherde deskriptiv darzu­stellen, als nicht ausreichend, da sie adressaten­spezifische Anforde­run­gen außer Acht lässt. So plädieren A. Gorbahn-Orme und F.-J. Hausmann im  Hinblick auf die Auf­nahme der faux amis in die Lernerwörterbücher für "careful selection of headwords: the selection should be based on frequency of error, suppor­ted by experience, not on fanciful con­jecture" [4: 2883]. Die für lexiko­graphi­sche Zwecke formu­lierte Aussage ist auch für die Optimierung des Fremd­sprachen­unterrichts von großer Bedeutung.

Die Darstellung von faux amis auf der Basis von Fehlerkorpusanalysen erfolgte bislang meines Wissens nur in drei Monographien von J. van Weeren [16] zum Spra­chen­paar Deutsch-Niederländisch, A. Kroschewski [11] zum Sprachenpaar Deutsch-Englisch und J. Mertens [12] zum Sprachenpaar Deutsch-Französisch. Gerade auf die geringe Anzahl der empirisch angelegten Studien bezieht sich M. Parianou  mit ihrer Feststellung, dass "systematische Analysen, die sich explizit und in einem größeren Umfang mit dem Phänomen des FA [faux amis], d.h. seiner Ent­ste­hung, seiner Bedeutung und Verbreitung auseinander­setzen, noch immer dünn gesät (sind)" [14: 34]. Darum habe ich beschlossen, schrift­liche Arbeiten der ukrainischen Studenten zu analysieren und Beispiele für Interferenz­fehler des Typs FF zu sammeln. FF sind in diesem Fall nicht nur von theoretischem Interesse, sondern haben auch einen direkten Praxisbezug.

Die Methodik meiner empirischen Untersuchung schließt folgende Punkte ein:

(1) Sammlung der Belege für die Interferenzfehler des Typs FF;

(2) Dokumentation der FF in Kollokationen;

(3) Unterteilung der FF nach Sprachebenen;

(4) Feststellung der Faktoren, die das Auftreten von Interferenz begünstigen oder verhindern.

Die Durchführung der Datenerhebung vollzog sich im Laufe von fünf Jahren. Die untersuchten Personen waren Studenten des ersten Semesters der Fachrichtung "Ger­manistik / DaF" von der Fakultät für Fremdsprachen an der Universität Czernowitz (Ukraine). Sie haben zum Zeitpunkt der Untersuchung meistens ein sechsjähriges Schulprogramm hinter sich, jedoch wird Deutsch in der Mittelschule in der Regel nur einmal pro Woche unterrichtet. Die meisten Studienbewerber haben somit das Niveau A.2 erreicht.

Das Material der empirischen Untersuchung besteht aus 392 Übersetzungen aus dem Ukrainischen ins Deutsche, die von Erstsemestern angefertigt wurden. Es sind Überset­zun­gen, die in den Kurs DaF integriert sind und als Abschlusskontrollarbeiten am Ende eines durchgenommenen Themas dienten plus eine zusätzliche Übersetzung in der Semesterklausur.

Die Tabelle 1 vermittelt einen Überblick über die Anzahl der beteiligten Studenten und der von ihnen gemachten Übersetzungen (sieh Tab. 1).

Jahrgang

Anzahl der  Teilnehmer

Anzahl der Übersetzungen

2010

14

98

2011

8

56

2012

12

84

2013

10

70

2014

12

84

Gesamt

56

392

 

Tab. 1. Angaben zu Probanden und deren Übersetzungen

Zur Analyse wurden ausschließlich Übersetzungen herangezogen. Im Unterschied zu frei geschriebenen Texten, z.B. Aufsätzen, eignen sie sich viel besser als Untersu­chungsmaterial für die Entdeckung von Norm­abweichungen, die mehrmals vorkom­men und eine gruppenspezifische Dynamik haben. Außerdem können Studenten auf die ihnen schon vertraute Lexik nicht ausweichen und im Zweifelsfall potentielle faux amis vermeiden. Diktate und Nacherzählungen kamen auch nicht in Frage, weil man hier in der Regel nur orthographische faux amis findet (vgl. dazu [3: 67-72]).

Die im 1. Semester behandelten Themen waren "Kennenlernen", "Studium", "Tages­ablauf",  "Landschaft, Wetter, Freizeit", "Feste" und "Familie". Der Unterricht erfolg­te nach dem Lehrbuch "DU 1. Deutsch für Germanistik­studenten" von H. Casper-Hehne u.a. [1].

Zuerst habe ich alle potentiellen FF markiert und jeweils die Zahl von tokens und types ermittelt. Danach habe ich aktuelle FF markiert und wiederum tokens und types gezählt. Daten für jedes behandelte Thema wurden in eine Tabelle eingetragen (sieh Tabelle 2 als Beispiel für Probandengruppe des Jahrgangs 2010).

 

 

Kontrollübersetzungen

zum Thema

potentielle FF

aktuelle FF

types

tokens

types

tokens

1

Kennenlernen

4

4

3

17

2

Studium

27

28

14

63

3

Tagesablauf

11

11

9

17

4

Landschaft, Wetter, Freizeit 

11

13

7

15

5

Feste

15

17

11

18

6

Familie

10

12

6

14

7

Abschlussklausur

12

12

5

8

 

Gesamt

90

97

55

142

Tab. 2. Anzahl der FF-Fehler pro Probandengruppe

(das 1. Semester, Jahrgang 2010)

 

Der Tabelle 2 lässt sich entnehmen, dass FF in den Themenbereichen "Studium" und "Feste" überdurchschnittlich auftreten. Die Themenbereiche "Kennenlernen", "Fami­lie" und "Landschaft, Wetter, Freizeit" weisen dagegen die geringste Anzahl an FF auf. Die ermittelte Zahl der aktuellen FF beläuft sich auf 670 Beispiele (es handelt sich jeweils um tokens). Die gesamte Zahl der ermittelten tokens sowie einige Beispiele nach Themenbereichen sind Tabelle 3 zu entnehmen; FF sind kursiv geschrieben, in den Klammern sind jeweils korrekte Varianten angeführt.

 

Themenbereich

tokens

Beispiele

1

Kennenler­nen

62

Programmist (Programmierer), Uni­ver­sitet / Uni­ver­­si­­tat (Universität), Sekreterin (Sekretärin), die Gym­nasium (das Gymnasium), aktuel­le / neue / meine Photo (das Photo)

2

Studium

287

Profesor / Proffessor (Professor), Fakultet (Fakultät), p(h)e­da­go­gische / phädagogisch (pädagogisch), Lektio­nen halten (Vor­lesungen), Spe­zialisie­rungen (Fach­rich­tun­gen), Paare (Dop­pel­stun­den), Lin­­gafon­kabinet (Sprach­labor)

3

Tagesablauf

50

Pijama / Pigama (Pyjama, Schlafanzug), in die Konsultation des Arztes gehen (in die Sprechstunde)

4

Landschaft, Wetter, Frei­zeit 

68

Transport (Ver­kehr), Korken (Stau), Agrokul­tu­ren  (landwirtschaftliche Kultu­ren), minus 3 Gradus (Grad), in den Konzert gehen (ins Konzert)

5

Feste

91

Fabrikatten (Fertigprodukte), tradizio­nell (tradi­tio­nell), reli­gios (religiös), Simbol (Symbol), Karnaval (Karneval)

6

Familie

64

seinen eigenen / einen Dach über dem Kopf haben (das Dach), Guliasch (Gulasch), Quartal (Stadt­teil, Wohnviertel)

7

Abschluss­klau­sur

48

Exkursion (Ausflug), seinen eigenen Dach über dem Kopf haben (das Dach), den / seinen Referat halten (das Referat), Komis­sion (Kommission), Abitu­rienten (Stu­dienbe­werber) etc.

 

Gesamt

670

 

Tab. 3. Unterteilung der FF-Fehler nach Themenbereichen im 1. Semester

(Jahrgänge 2010-2015)

 

Um einen Einblick in die FF-Fehler der ukrainischen Studenten zu bekommen, werden unten die häufigsten Fälle kontextgebunden angeführt. Dabei enthalten die ersten sechs Beispiele lexikalische Fehler, die auf den falschen Wortgebrauch zurückzuführen sind:

(1) Dieser Professor hält interessante *Lektionen (=Vorlesungen).

(2) Wo hängt denn *Grafik (=Vorlesungsverzeichnis) der Lehrveranstaltungen?.

(3) Der Arzt hat mir *Tabletten (=Arzneimittel, Medikamente) vorgeschrieben.

(4) Zum Geburtstag kam mein Freund in einem schicken *Kostüm (=Anzug).

(5) Die Autos dieser Marke werden bei uns oft im Fernsehen *reklamiert (wer­ben für ...).

So bezieht sich das Wort Kostüm im Ukrainischen sowohl auf Damenkostüme, als auch Herren­anzüge. Lexeme Tabletten und Lektionen haben im Deutschen jeweils andere Bedeutung. Beim Wort Grafik hat man Kombinatorikregeln außer Acht gelassen. Beispiel (5) ist besonders interessant, weil es sich hier im Deutschen und Ukrainischen um Enantiosemie handelt, d.h. um Vorhandensein entgegengesetzter Bedeutungen in der semanti­schen Struktur formal ähnlicher Wörter. Es gibt insgesamt 158 gleich lautende Wortpaare im Deutschen und Ukrainischen mit Bedeutungspolarität (vgl. [8]).

In den Sätzen (6) bis (8) verstoßen Studierende gegen Wortbildungsnormen im Deutschen:

       (6) Viele Studenten nahmen an dieser *Konferenzion (=Konferenz) teil.

       (7) Bei Erkältung muss man den Rücken *massagieren (=massieren).

       (8) Mein Bruder ist *Programmist (=Programmierer).

Diese Fälle kommen dann vor, wenn lautähnliche Wörter im Deutschen und Ukrai­ni­schen zu den Wortbildungs­paradigmen mit unterschiedlicher Struktur gehören. Außer­­dem werden in der Muttersprache oft Wörter mit Hilfe der fremden wort­bildenden Elementen abgeleitet, die Studenten unbewusst auf die Fremdsprache übertragen, z. B.: ïðîãðà­ìó­âàòè → ïðî­ãðàì³ñò, aber pro­gram­­mie­­ren → der Pro­­g­rammierer. Stu­den­ten können auch Wörter nach der Analogie mit der Muttersprache ableiten: êîí­ôåðåíö³ÿ*Konfe­ren­zion, weil erfahrungsgemäß solche Ableitungen möglich sind, z. B.: Information, Konzeption, Rezension usw.

In den Beispielen 9 und 10 handelt es sich um FF mit Abweichungen in Genus und Numerus, die bei den Studenten der jüngeren Semester häufig sind. Das Wort Problem ist im Ukrainischen ein Femininum, das Wort Dach ein Maskulinum.

(9) *Diese Problem (=das Problem) beschäftigt mich schon seit langem.

(10) Jeder muss *einen Dach (=das Dach) über dem Kopf haben.

Einen weiteren Fall stellt Valenz von Substantiven und Verben dar, weil sich hier sechs Fälle unterscheiden lassen: Kontrast der Präpositionen, der Subkate­gorisie­rungs­­regeln, der Kasus, der Selektionsregeln, der Reflexivität sowie der gesättigten / ungesättigten Valenz. Am häufigsten kommen Verletzungen beim Gebrauch der Präpositionen vor, z. B.:

(11) Sie duldet *keine Kritik wegen ihres Benehmens (= Kritik an ihrem Benehmen).

(12) Die Kritik in der Zeitung *auf sein letztes Konzert (= Kritik über sein letztes Konzert) war vernichtend.

Subkategorisierungsregeln beschreiben Zahl der obli­ga­torischen und fakultativen Ergän­zun­gen sowie deren Art. Selektionsregeln legen die Umgebung eines Sub­stan­tivs oder eines Verbs in nichtkategorialen Begriffen fest (etwa Anim, Hum, Abstr, Act, Loc usw.). Abweichungen in den Subkategorisie­rungs- und Selektions­regeln kommen vor allem bei den abstrakten Handlungsverben vor, etwa bei spekulieren, fabrizieren, adaptieren, komponieren, proponieren, konsultieren etc., z. B.:

(13) Ich hatte hohes Fieber, Gelenkschmerzen und *habe mich beim Arzt konsultiert (=habe den Arzt konsultiert).

In den Beispielen (14) und (15) handelt es sich um stilistisch markierte FF, bei denen das ukrainische Wort geläufig, das deutsche aber veraltet, territorial begrenzt, sozial oder stilistisch markiert ist:

(14) Auf die Reise nahm er zu viel *Bagage mit (=Gepäck).

(15) Mein Lieblingswerk ist das *Poem von H. Heine „Lorelei“ (=die Dichtung, das Gedicht).

So gilt dt. die Bagage als veraltet und hat überdies noch eine abwertende Bedeutung "Gruppe von Menschen, über die sich jemand ärgert". Das Poem ist im Duden Universalwörterbuch mit der Markie­rung "scherzhaft, sonst veraltet" versehen.

Auf Grund der empirischen Analyse von FF-Fehlern habe ich die herkömmliche Defini­tion der faux amis, die man bei C. Milan und R. Sünkel [13], M.T. Hun­dertmark-Santos Martins [5], M. Parianou [14], A. Ionescu [6] u.a. findet, erweitert, weil die Wörter, die gleich klingen, sich aber durch unterschiedliche Suffixe oder Endungen, gram­ma­tisches Geschlecht bei Substantiven oder Valenz bei Verben, stilistische Markierun­gen in beiden Sprachen unterscheiden, eine häufige Interferenz­quelle sind. Es handelt sich also um interferenzbezogene Definition der FF, die vor allem für Fremd­sprachen­methodik vom Nutzen sein sollte. Die gewonnenen FF-Fehlerdaten sollen in diesem Sinne je nach Art des Fehlers differenziert beschrieben werden. Eine so aufgefasste Fehleranalyse besitzt einen pädagogischen Charakter mit dem Ziel einer Fehlertherapie.

Leider gibt es bis jetzt keinen brauchbaren Raster für die Fehlerklassifizierung, der speziell auf Falsche Freunde bezogen wäre, darum stütze ich mich auf den von K. Kleppin [10: 42-43] in Anlehnung an K.D. Fehse, R. Nelles und E. Rattunde [2: 46 f.] vorgeschlagenen und von mir modifizierten Raster für die Fehlerklassifikation nach Sprachebenen:

1.  Phonographemischer Bereich.

2.  Lexikalischer Bereich: Lexemwahl, Wortbildung, Stil.

3. Morphosyntaktischer Bereich :

3.1. Nominale Flexion: Numerus- und Genusbildung.

3.2. Struktur in der Verbalphrase: Rektion der Verben / Adjektive.

3.3. Struktur in der Nominalphrase: nominale Ergänzungen.

Es gibt auch andere Klassifikationsvorschläge, z.B. eine Aufteilung in kommuni­ka­tions- und nichtkommunikationsbehindernde Fehler, in Kompetenz- und Performanz­fehler, Verstöße gegen das Sprachsystem und gegen die Sprachnorm u.a. (sie sind ausführlich bei [10: 41-44; 15] behandelt), die in Bezug auf FF nicht so informativ erscheinen, wie die oben angeführte.

Alle FF wurden ausgehend von der Art der formalen, semantischen und morpho­lo­gischen Unterschiede in sieben Untergruppen mit Abweichungen in der Orthographie, Wortbildung, Genus, Numerus, Valenz von Substantiven / Verben, denotativer Bedeu­­tung und stilistischen Schattierungen eingeteilt und in die Tabelle eingetragen (sieh Tabelle 4):

 

Abweichungen

2010

2011

2012

2013

2014

Σ

1

Orthographie

58

40

49

46

77

270

2

Wortbildung

22

17

18

20

19

96

3

Genus

29

21

25

19

31

125

4

Numerus

2

3

4

3

12

5

Valenz

1

3

6

2

12

6

denotative Bedeutung

28

23

31

27

30

139

7

Stilistische Markierung

3

2

4

3

4

16

 

Gesamt

142

104

133

125

166

670

 

Tab. 4. Unterteilung der FF-Fehler im 1. Semester (Jahrgänge 2010-2015)

Die am häufigsten vertretene Fehlergruppe betrifft falsche Schreibweise der FF. Hinter kommen mit Abstand semantisch falsch gebrauchte Wörter und FF mit abwei­chen­dem Genus. Abweichungen in der Wortbildung sind mit 96 Fehlern mittelmäßig vertreten. Das Schlusslicht bilden FF, die auf falsche stilistische Markierungen, Numerus und Valenz zurückzuführen sind.

Auf Grund der Interferenzehler habe ich Kommunikationsstrategien ermittelt, die zur Entstehung von faux amis führen. Hier handelt es sich vorwiegend um Kompen­sa­tions­­strategien, mit denen die Lerner Ausdrucksdefizite in ihren Interimsprachen bewältigen, wie z.B.:

(1) interlingualer Transfer aus der Muttersprache: Kurator (=Betreuer), Kon­kurs  (=Wettbe­werb), Billet / Bilette / Billett (=Fahrkarte), Bokale für Wino (=Wein­gläser);

(2) interlingualer Transfer aus der zweiten Fremdsprache: Keks (=Kuchen), Faktur (=Betrieb);

(3) Kodewechsel ("code switching"): Mobile (=Handy), downloaden (=herun­ter­laden);

(4) Generalisierung: Kostüm im Sinne von Herrenanzug, Garderobe (=Klei­der­­schrank);

(5) Paraphrase: eine Tabelle mit dem Namen (=Namens­schild);

(6) Wortprägung: Passport (=Personal­ausweis);

(7) hybride Bildungen, vor allem Mischkomposita: Waffelprjanik (Waffel­gebäck), Postkode (=Postleit­zahl) u.a.

Diese Strategien beziehen sich auf das Mobilisieren von Ressourcen und Herunter­spielen der Schwächen in den schriftlichen Übersetzungen. Sie beruhen in der Regel auf einem vielschichtigen Zusammenspiel verschiedener Mittel und Prozeduren, die zu unterschiedlichen linguistischen Ebenen gehören. Dabei berührt die Verwendung von oben angeführten alternativen Bezeichnungen die konzeptuelle Ebene nicht: es wird nur das Kodierungsmedium "manipuliert", das Konzept bleibt jedoch erhalten.

Es liegt auf der Hand, dass Lerner in der Anfangsphase andere Schwierigkeiten haben und andere Fehler machen werden als in einer fortgeschrittenen Lernphase. Eine Fehleranalyse der Studenten in höheren Semestern wird daher Rückschlüsse auf Lernschwierigkeiten und Kompensationsstrategien ermöglichen, die für fortgeschrit­tene Lernphase zutreffen. Ausgehend von den Ergebnissen der Untersuchung wäre dann sinnvoll, Übungen zur Beseitigung der Interferenzfehler des Typs faux amis zu entwickeln.

 

Aknowledgement. This project was made possible by a generous research grant from the Alexander von Humboldt Foundation. I am heartily thankful to my supervisor, Prof. Dr. Ulrich Steinmüller, TU Berlin, whose support enabled me to develop an understanding of the subject.

 

Literaturverzeichnis

1.       Casper-Hehne H. DU 1. Deutsch für Germanistikstudenten / H. Casper-Hehne, N. Borisko [u.a.]. – Winnyzja: NowaKnyha, 2009. – 452 S.

2.       Fehse K. Fehleranalyse und computergestützter Unterricht (CUU) / K. Fehse, R. Nelles, E. Rattunde // Die neueren Sprachen. – 1977. – Nr. 76.1. – S. 37-57.

3.       Gnutzmann C. Zur Analyse lexikalischer Fehler / C. Gnutzmann // Fehlerkunde. Beiträge zur Fehleranalyse, Fehlerbewertung und Fehlertherapie. Hrsg. von G. Nickel.  – Bielefeld: Cornelsen-Velhagen & Klasing, 1972.  – S. 67–72.

4.       Gorbahn-Orme A. The dictionary of false friends / A. Gorbahn-Orme, F.J. Haus­mann // Wörter­bücher. Dictionaries. Dictionnaires. – Bd. 3. – Berlin : de Gruyter, 1991. – S. 2882-2888.

5.       Hun­dertmark-Santos Martins M.T. Die "falschen Freunde": portugiesisch-deutsch, deutsch-portugiesisch / M.T. Hundertmark-Santos Martins. – Tübingen: Niemeyer 1995. – 174 S.

6.       Ionescu A. "Falsche Freunde": deutsch-rumänische lexikalische Interferenzen / A. Ionescu. – Berlin: wvb, 2014. – 367 S.

7.       Juhász J. Probleme der Interferenz / J. Juhász. – München: Hueber, 1970. – 174 S.  

8.       Kiyko S. Deutsch-ukrainische zwischensprachliche Enantiosemie / S. Kiyko// Das Wort : Germanistisches Jahrbuch Russland. – 2012 / 2013. – Nr. 27. – S. 246-262.

9.       Kiyko S. Metalexikographische Überlegungen zum Wörterbuch der deutsch-ukrainischen Falschen Freunde des Übersetzers / S. Kiyko // Lexicographica. International Annual for Lexicography. – 2013. – Vol. 29. – S. 199-221.

10.   Kleppin K. Fehler und Fehlerkorrektur. Fernstudienprojekt zur Fort- und Wei­ter­­bildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache: Teilbereich DaF / K. Kleppin. – Berlin [u.a.] : Langenscheidt, 2003. – 152 S. 

11.   Kroschewski A. „False friends“ and „true friends“: Ein Beitrag zur Klas­sifizierung des Phänomens der intersprachlich-heterogenen Referenz und zu den fremd­spra­chen­­­didak­tischen Implikationen / A. Kroschewski. – Frankfurt a. M.: Lang, 2000. – 598 S.

12.   Mertens J. Die sogenannten "fauxamis" in schriftlichen Textproduktionen von Ler­nern des Französischen der Sekundarstufe: sprachwissenschaftliche und di­dak­­tisch-methodische Überlegungen / J. Mertens. – Frankfurt a.M.: Lang, 2001. – 486 S.

13.   Milan di C. Falsche Freunde auf der Lauer :dizionario di falseanalogie e ambigue affinitàfratedesco e italiano / di Carlo Milan, R. Sünkel. – Bologna: Zanichelli, 1990. – 429 S.

14.   Parianou M. "Falsche Freunde" im Sprachenpaar (Neu-)Griechisch – Deutsch / M. Parianou. – Frankfurt a.M. [u.a.]: Lang, 2000. – 240 S.

15.   Raabe H. Der Fehler beim Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachengebrauch / H. Raabe // Fehlerlinguistik. Beiträge zum Problem der sprachlichen Ab­wei­chung. – Tübingen: Niemeyer, 1980. – S. 61–93.

16.   Weeren J. Interferenz und Valenz. Zum Problem der „falschen Freunde“ für nie­derländische Germanistikstudenten / J. van Weeren. – Leiden: door, 1977. – 138 S.