Ôèëîëîãè÷åñêèå
íàóêè/5. Ìåòîäû
è ïðèåìû êîíòðîëÿ óðîâíÿ âëàäåíèÿ èíîñòðàííûì ÿçûêîì
Dr. phil. Svitlana Kiyko
Nationale
Juri-Fedkovych-Universität, Chernivtsi, Ukraine
"Falsche Freunde" in
der schriftlichen Produktion der ukrainischen Lerner des Deutschen
Im Laufe der
letzten Jahrzehnte kann man ein fast explosiv anwachsendes Interesse am
Phänomen "Falsche Freunde" beobachten [6: 85–147; 9: 199–202].
"Falsche Freunde" (FF) definiert man als formal ähnliche
Wörter mit verschiedenem semantischem Inhalt und entsprechend mit Unterschieden
in den lexikalischen und grammatischen Kontexten, in denen sie
vorkommen. Sie spielen sowohl in der fremdsprachlichen
Kommunikation, als auch beim Fremdsprachenerwerb eine wichtige Rolle, indem
sie zum Abbau von Sprachbarrieren beitragen und den Einstieg in eine Fremdsprache
erleichtern. Zugleich kann die Ähnlichkeit der Ausdrucksseite von
Wörtern der Mutter- und Fremdsprache irreführend sein und
Interferenzfehler verursachen, weil man bei der ähnlichen Lautung der
Wörter ihre semantischen Strukturen gleichzusetzen pflegt, die meistens
wenig oder gar keine Entsprechungen aufweisen.
FF werden üblicherweise zur Erstellung und Herausgabe
spezieller Wörterbücher der „typischen Fehler” für verschiedene Sprachenpaare erforscht (vgl. [9]).
Dabei handelt es sich um potentielle faux
amis, deren reale Fehlerrelevanz in Frage kommt und im einzelnen als sehr
unterschiedlich eingeschätzt wird (vgl. [12: 14-15]. Daher erscheint die gängige Praxis, faux
amis als potentielle Fehlerherde deskriptiv darzustellen, als nicht
ausreichend, da sie adressatenspezifische Anforderungen außer Acht
lässt. So
plädieren A. Gorbahn-Orme und F.-J. Hausmann im Hinblick auf die Aufnahme der faux amis in die Lernerwörterbücher für
"careful selection of headwords: the selection should be based on
frequency of error, supported by experience, not on fanciful conjecture"
[4: 2883]. Die
für lexikographische Zwecke formulierte Aussage ist auch für die
Optimierung des Fremdsprachenunterrichts von großer Bedeutung.
Die Darstellung von faux amis auf der Basis von
Fehlerkorpusanalysen erfolgte bislang meines Wissens nur in drei Monographien
von J. van Weeren [16] zum Sprachenpaar Deutsch-Niederländisch, A.
Kroschewski [11] zum Sprachenpaar Deutsch-Englisch und J. Mertens [12] zum
Sprachenpaar Deutsch-Französisch. Gerade auf die geringe Anzahl der empirisch angelegten Studien bezieht
sich M. Parianou mit ihrer Feststellung,
dass "systematische Analysen, die sich explizit und in einem
größeren Umfang mit dem Phänomen des FA [faux amis], d.h.
seiner Entstehung, seiner Bedeutung und Verbreitung auseinandersetzen, noch
immer dünn gesät (sind)" [14: 34]. Darum habe ich beschlossen, schriftliche
Arbeiten der ukrainischen Studenten zu analysieren und Beispiele für
Interferenzfehler des Typs FF zu sammeln. FF sind in diesem Fall nicht nur von theoretischem Interesse,
sondern haben auch einen direkten Praxisbezug.
Die Methodik meiner empirischen Untersuchung
schließt folgende Punkte ein:
(1) Sammlung der Belege
für die Interferenzfehler des Typs FF;
(2) Dokumentation der FF in Kollokationen;
(3) Unterteilung der FF nach
Sprachebenen;
(4)
Feststellung der Faktoren, die das Auftreten von Interferenz begünstigen
oder verhindern.
Die
Durchführung der Datenerhebung vollzog sich im Laufe von fünf Jahren.
Die untersuchten Personen waren Studenten des ersten Semesters der Fachrichtung
"Germanistik / DaF" von der Fakultät für Fremdsprachen an
der Universität Czernowitz (Ukraine). Sie haben zum Zeitpunkt der
Untersuchung meistens ein sechsjähriges Schulprogramm hinter sich, jedoch
wird Deutsch in der Mittelschule in der Regel nur einmal pro Woche
unterrichtet. Die meisten Studienbewerber haben somit das Niveau A.2 erreicht.
Das Material der empirischen Untersuchung besteht
aus 392 Übersetzungen aus dem Ukrainischen ins Deutsche, die von
Erstsemestern angefertigt wurden. Es sind Übersetzungen, die in den Kurs
DaF integriert sind und als Abschlusskontrollarbeiten am Ende eines
durchgenommenen Themas dienten plus eine zusätzliche Übersetzung in
der Semesterklausur.
Die Tabelle 1 vermittelt einen Überblick
über die Anzahl der beteiligten Studenten und der von ihnen gemachten
Übersetzungen (sieh Tab. 1).
Jahrgang |
Anzahl der
Teilnehmer |
Anzahl der Übersetzungen |
2010 |
14 |
98 |
2011 |
8 |
56 |
2012 |
12 |
84 |
2013 |
10 |
70 |
2014 |
12 |
84 |
Gesamt |
56 |
392 |
Tab. 1. Angaben zu Probanden und deren
Übersetzungen
Zur Analyse wurden ausschließlich Übersetzungen herangezogen. Im Unterschied zu frei geschriebenen
Texten, z.B. Aufsätzen, eignen sie sich viel besser als Untersuchungsmaterial
für die Entdeckung von Normabweichungen, die mehrmals vorkommen und eine
gruppenspezifische Dynamik haben. Außerdem können Studenten auf die
ihnen schon vertraute Lexik nicht ausweichen und im Zweifelsfall potentielle faux amis vermeiden. Diktate und
Nacherzählungen kamen auch nicht in Frage, weil man hier in der Regel nur
orthographische faux amis findet
(vgl. dazu [3: 67-72]).
Die im 1. Semester
behandelten Themen waren "Kennenlernen", "Studium",
"Tagesablauf",
"Landschaft, Wetter, Freizeit", "Feste" und
"Familie". Der Unterricht erfolgte nach dem Lehrbuch "DU 1.
Deutsch für Germanistikstudenten" von H. Casper-Hehne u.a. [1].
Zuerst habe ich alle
potentiellen FF markiert und jeweils die Zahl von tokens und types
ermittelt. Danach habe ich aktuelle FF markiert und wiederum tokens und types gezählt. Daten für jedes behandelte Thema wurden in
eine Tabelle eingetragen (sieh Tabelle 2 als Beispiel für Probandengruppe
des Jahrgangs 2010).
|
Kontrollübersetzungen zum Thema |
potentielle FF |
aktuelle FF |
||
types |
tokens |
types |
tokens |
||
1 |
Kennenlernen |
4 |
4 |
3 |
17 |
2 |
Studium |
27 |
28 |
14 |
63 |
3 |
Tagesablauf |
11 |
11 |
9 |
17 |
4 |
Landschaft, Wetter, Freizeit |
11 |
13 |
7 |
15 |
5 |
Feste |
15 |
17 |
11 |
18 |
6 |
Familie |
10 |
12 |
6 |
14 |
7 |
Abschlussklausur |
12 |
12 |
5 |
8 |
|
Gesamt |
90 |
97 |
55 |
142 |
Tab. 2. Anzahl der FF-Fehler pro Probandengruppe
(das 1. Semester, Jahrgang 2010)
Der
Tabelle 2 lässt
sich entnehmen, dass FF in den
Themenbereichen "Studium" und "Feste"
überdurchschnittlich auftreten. Die Themenbereiche
"Kennenlernen", "Familie" und "Landschaft, Wetter,
Freizeit" weisen dagegen die geringste Anzahl an FF auf. Die ermittelte Zahl der aktuellen FF beläuft sich auf 670
Beispiele (es handelt sich jeweils um tokens). Die gesamte Zahl der
ermittelten tokens sowie einige
Beispiele nach Themenbereichen sind Tabelle 3 zu entnehmen; FF sind kursiv geschrieben, in den
Klammern sind jeweils korrekte Varianten angeführt.
Themenbereich |
tokens |
Beispiele |
|
1 |
Kennenlernen |
62 |
Programmist (Programmierer), Universitet / Universitat
(Universität), Sekreterin
(Sekretärin), die
Gymnasium (das Gymnasium),
aktuelle / neue / meine Photo (das
Photo) |
2 |
Studium |
287 |
Profesor / Proffessor (Professor), Fakultet (Fakultät), p(h)edagogische
/ phädagogisch (pädagogisch),
Lektionen halten (Vorlesungen), Spezialisierungen (Fachrichtungen),
Paare (Doppelstunden), Lingafonkabinet (Sprachlabor) |
3 |
Tagesablauf |
50 |
Pijama / Pigama (Pyjama, Schlafanzug), in
die Konsultation des Arztes gehen (in die Sprechstunde) |
4 |
Landschaft, Wetter, Freizeit |
68 |
Transport (Verkehr), Korken (Stau), Agrokulturen (landwirtschaftliche Kulturen),
minus 3 Gradus (Grad), in den Konzert gehen (ins Konzert) |
5 |
Feste |
91 |
Fabrikatten (Fertigprodukte), tradizionell (traditionell), religios (religiös), Simbol (Symbol),
Karnaval (Karneval) |
6 |
Familie |
64 |
seinen eigenen / einen Dach
über dem Kopf haben (das Dach), Guliasch (Gulasch), Quartal
(Stadtteil, Wohnviertel) |
7 |
Abschlussklausur |
48 |
Exkursion (Ausflug), seinen
eigenen Dach über dem Kopf haben (das Dach), den / seinen Referat halten (das Referat), Komission
(Kommission), Abiturienten
(Studienbewerber) etc. |
|
Gesamt |
670 |
|
Tab. 3. Unterteilung der FF-Fehler nach
Themenbereichen im 1. Semester
(Jahrgänge 2010-2015)
Um einen Einblick in die FF-Fehler der ukrainischen Studenten zu bekommen, werden unten die
häufigsten Fälle kontextgebunden
angeführt. Dabei enthalten die ersten sechs Beispiele lexikalische Fehler,
die auf den falschen Wortgebrauch zurückzuführen sind:
(1) Dieser Professor hält interessante *Lektionen (=Vorlesungen).
(2) Wo hängt denn *Grafik (=Vorlesungsverzeichnis) der
Lehrveranstaltungen?.
(3) Der Arzt hat mir *Tabletten (=Arzneimittel, Medikamente)
vorgeschrieben.
(4) Zum Geburtstag kam mein Freund in einem schicken *Kostüm
(=Anzug).
(5) Die Autos dieser Marke werden bei uns oft im Fernsehen *reklamiert
(werben für ...).
So bezieht sich das Wort Kostüm im Ukrainischen sowohl auf
Damenkostüme, als auch Herrenanzüge. Lexeme Tabletten und Lektionen haben
im Deutschen jeweils andere Bedeutung. Beim Wort Grafik hat man Kombinatorikregeln außer Acht gelassen.
Beispiel (5) ist besonders interessant, weil es sich hier im Deutschen und
Ukrainischen um Enantiosemie handelt, d.h. um Vorhandensein entgegengesetzter
Bedeutungen in der semantischen Struktur formal ähnlicher Wörter. Es
gibt insgesamt 158 gleich lautende Wortpaare im Deutschen und Ukrainischen mit
Bedeutungspolarität (vgl. [8]).
In den Sätzen (6) bis (8) verstoßen Studierende
gegen Wortbildungsnormen im Deutschen:
(6) Viele Studenten nahmen an dieser *Konferenzion (=Konferenz) teil.
(7) Bei Erkältung muss
man den Rücken *massagieren
(=massieren).
(8) Mein Bruder ist *Programmist
(=Programmierer).
Diese Fälle kommen dann vor, wenn lautähnliche
Wörter im Deutschen und Ukrainischen zu den Wortbildungsparadigmen mit
unterschiedlicher Struktur gehören. Außerdem werden in der Muttersprache oft Wörter mit Hilfe
der fremden wortbildenden Elementen abgeleitet, die Studenten
unbewusst auf die Fremdsprache übertragen, z. B.: ïðîãðàìóâàòè → ïðîãðàì³ñò,
aber
programmieren
→ der Programmierer. Studenten können
auch Wörter nach der Analogie mit der Muttersprache
ableiten: êîíôåðåíö³ÿ
→ *Konferenzion, weil erfahrungsgemäß solche Ableitungen möglich sind,
z. B.: Information, Konzeption, Rezension usw.
In den Beispielen 9 und 10 handelt es sich um FF mit Abweichungen in Genus und Numerus, die bei den Studenten der
jüngeren Semester häufig sind. Das Wort Problem ist im Ukrainischen ein Femininum, das Wort Dach ein Maskulinum.
(9) *Diese Problem (=das Problem) beschäftigt mich schon seit
langem.
(10) Jeder muss *einen Dach (=das Dach) über dem Kopf haben.
Einen weiteren Fall stellt Valenz von Substantiven und Verben dar, weil
sich hier sechs Fälle unterscheiden lassen: Kontrast der
Präpositionen, der Subkategorisierungsregeln, der Kasus, der
Selektionsregeln, der Reflexivität sowie der gesättigten /
ungesättigten Valenz. Am häufigsten kommen Verletzungen beim Gebrauch
der Präpositionen vor, z. B.:
(11) Sie duldet *keine Kritik wegen ihres Benehmens (= Kritik an
ihrem Benehmen).
(12) Die Kritik
in der Zeitung *auf sein letztes Konzert (= Kritik über sein letztes
Konzert) war vernichtend.
Subkategorisierungsregeln
beschreiben Zahl der obligatorischen und fakultativen Ergänzungen
sowie deren Art. Selektionsregeln legen die Umgebung eines Substantivs oder
eines Verbs in nichtkategorialen Begriffen fest (etwa Anim, Hum, Abstr, Act, Loc usw.). Abweichungen in den
Subkategorisierungs- und Selektionsregeln kommen vor allem bei den abstrakten
Handlungsverben vor, etwa bei spekulieren, fabrizieren, adaptieren,
komponieren, proponieren, konsultieren etc., z. B.:
(13) Ich hatte hohes
Fieber, Gelenkschmerzen und *habe mich beim Arzt konsultiert (=habe
den Arzt konsultiert).
In
den Beispielen (14) und (15) handelt es sich um stilistisch markierte FF,
bei denen das ukrainische Wort geläufig, das deutsche aber veraltet,
territorial begrenzt, sozial oder stilistisch markiert ist:
(14) Auf die Reise nahm er zu viel *Bagage mit (=Gepäck).
(15) Mein
Lieblingswerk ist das *Poem von H. Heine „Lorelei“ (=die Dichtung, das
Gedicht).
So
gilt dt. die Bagage als veraltet und
hat überdies noch eine abwertende Bedeutung "Gruppe von Menschen, über die sich jemand ärgert".
Das Poem ist im Duden Universalwörterbuch mit der Markierung
"scherzhaft, sonst veraltet" versehen.
Auf Grund der empirischen Analyse
von FF-Fehlern habe ich die herkömmliche Definition
der faux amis, die man bei C.
Milan und R. Sünkel [13], M.T. Hundertmark-Santos Martins [5], M.
Parianou [14], A. Ionescu [6] u.a. findet, erweitert, weil die Wörter, die
gleich klingen, sich aber durch unterschiedliche Suffixe oder Endungen, grammatisches
Geschlecht bei Substantiven oder Valenz bei Verben, stilistische Markierungen
in beiden Sprachen unterscheiden, eine häufige Interferenzquelle sind. Es
handelt sich also um interferenzbezogene Definition der FF, die vor allem
für Fremdsprachenmethodik vom Nutzen sein sollte. Die gewonnenen
FF-Fehlerdaten sollen in diesem Sinne je nach Art des Fehlers differenziert
beschrieben werden. Eine so aufgefasste Fehleranalyse besitzt einen
pädagogischen Charakter mit dem Ziel einer Fehlertherapie.
Leider gibt es bis jetzt keinen brauchbaren
Raster für die Fehlerklassifizierung, der speziell auf Falsche Freunde
bezogen wäre, darum stütze ich mich auf den von K. Kleppin [10:
42-43] in Anlehnung an K.D. Fehse, R. Nelles und E. Rattunde [2: 46 f.]
vorgeschlagenen und von mir modifizierten Raster für die Fehlerklassifikation
nach Sprachebenen:
1.
Phonographemischer Bereich.
2.
Lexikalischer Bereich: Lexemwahl, Wortbildung, Stil.
3. Morphosyntaktischer Bereich :
3.1. Nominale Flexion: Numerus- und Genusbildung.
3.2. Struktur in der Verbalphrase: Rektion der
Verben / Adjektive.
3.3. Struktur in der Nominalphrase: nominale
Ergänzungen.
Es gibt auch andere
Klassifikationsvorschläge, z.B. eine Aufteilung in kommunikations- und
nichtkommunikationsbehindernde Fehler, in Kompetenz- und Performanzfehler,
Verstöße gegen das Sprachsystem und gegen die Sprachnorm u.a. (sie
sind ausführlich bei [10: 41-44; 15] behandelt), die in Bezug auf FF nicht
so informativ erscheinen, wie die oben angeführte.
Alle FF wurden ausgehend von der Art der formalen,
semantischen und morphologischen Unterschiede in sieben Untergruppen mit
Abweichungen in der Orthographie, Wortbildung, Genus, Numerus, Valenz von
Substantiven / Verben, denotativer Bedeutung und stilistischen Schattierungen
eingeteilt und in die Tabelle eingetragen (sieh Tabelle 4):
|
Abweichungen |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
Σ |
1 |
Orthographie |
58 |
40 |
49 |
46 |
77 |
270 |
2 |
Wortbildung |
22 |
17 |
18 |
20 |
19 |
96 |
3 |
Genus |
29 |
21 |
25 |
19 |
31 |
125 |
4 |
Numerus |
2 |
— |
3 |
4 |
3 |
12 |
5 |
Valenz |
— |
1 |
3 |
6 |
2 |
12 |
6 |
denotative Bedeutung |
28 |
23 |
31 |
27 |
30 |
139 |
7 |
Stilistische
Markierung |
3 |
2 |
4 |
3 |
4 |
16 |
|
Gesamt |
142 |
104 |
133 |
125 |
166 |
670 |
Tab. 4. Unterteilung
der FF-Fehler im 1. Semester (Jahrgänge 2010-2015)
Die am häufigsten vertretene
Fehlergruppe betrifft falsche Schreibweise der FF. Hinter kommen mit Abstand
semantisch falsch gebrauchte Wörter und FF mit abweichendem Genus.
Abweichungen in der Wortbildung sind mit 96 Fehlern mittelmäßig
vertreten. Das Schlusslicht bilden FF, die auf falsche stilistische
Markierungen, Numerus und Valenz zurückzuführen sind.
Auf Grund der Interferenzehler habe ich
Kommunikationsstrategien ermittelt, die zur Entstehung von faux amis führen. Hier handelt es sich vorwiegend um Kompensationsstrategien,
mit denen die Lerner Ausdrucksdefizite in ihren Interimsprachen bewältigen,
wie z.B.:
(1)
interlingualer Transfer aus der Muttersprache: Kurator (=Betreuer), Konkurs (=Wettbewerb), Billet / Bilette /
Billett (=Fahrkarte), Bokale für Wino (=Weingläser);
(2)
interlingualer Transfer aus der zweiten Fremdsprache: Keks (=Kuchen), Faktur (=Betrieb);
(3)
Kodewechsel ("code switching"): Mobile (=Handy), downloaden
(=herunterladen);
(4)
Generalisierung: Kostüm im Sinne von Herrenanzug, Garderobe
(=Kleiderschrank);
(5) Paraphrase:
eine Tabelle mit dem Namen (=Namensschild);
(6)
Wortprägung: Passport (=Personalausweis);
(7)
hybride Bildungen, vor allem Mischkomposita: Waffelprjanik (Waffelgebäck),
Postkode (=Postleitzahl) u.a.
Diese Strategien beziehen sich auf das
Mobilisieren von Ressourcen und Herunterspielen der Schwächen in den
schriftlichen Übersetzungen. Sie beruhen in der Regel auf einem
vielschichtigen Zusammenspiel verschiedener Mittel und Prozeduren, die zu
unterschiedlichen linguistischen Ebenen gehören. Dabei berührt die
Verwendung von oben angeführten alternativen Bezeichnungen die
konzeptuelle Ebene nicht: es wird nur das Kodierungsmedium
"manipuliert", das Konzept bleibt jedoch erhalten.
Es liegt auf der Hand, dass Lerner in der Anfangsphase andere
Schwierigkeiten haben und andere Fehler machen werden als in einer
fortgeschrittenen Lernphase. Eine Fehleranalyse der Studenten in höheren
Semestern wird daher Rückschlüsse auf Lernschwierigkeiten und
Kompensationsstrategien ermöglichen, die für fortgeschrittene
Lernphase zutreffen.
Ausgehend von den Ergebnissen der Untersuchung wäre dann sinnvoll,
Übungen zur Beseitigung der Interferenzfehler des Typs faux amis zu entwickeln.
Aknowledgement. This project was made possible by a generous research grant from the
Alexander von Humboldt Foundation. I am heartily thankful to my supervisor,
Prof. Dr. Ulrich Steinmüller, TU Berlin, whose support enabled me to
develop an understanding of the subject.
Literaturverzeichnis
1.
Casper-Hehne H. DU 1. Deutsch
für Germanistikstudenten / H. Casper-Hehne, N. Borisko [u.a.]. – Winnyzja:
NowaKnyha, 2009. – 452 S.
2. Fehse
K. Fehleranalyse und computergestützter Unterricht (CUU) / K. Fehse, R.
Nelles, E. Rattunde // Die neueren Sprachen. – 1977. – Nr. 76.1. – S. 37-57.
3.
Gnutzmann
C. Zur Analyse lexikalischer Fehler / C. Gnutzmann // Fehlerkunde.
Beiträge zur Fehleranalyse, Fehlerbewertung und Fehlertherapie. Hrsg. von
G. Nickel. – Bielefeld:
Cornelsen-Velhagen & Klasing, 1972.
– S. 67–72.
4.
Gorbahn-Orme A. The dictionary of
false friends / A. Gorbahn-Orme, F.J. Hausmann // Wörterbücher.
Dictionaries. Dictionnaires. – Bd. 3. – Berlin : de Gruyter, 1991. – S.
2882-2888.
5.
Hundertmark-Santos
Martins M.T. Die "falschen Freunde": portugiesisch-deutsch,
deutsch-portugiesisch / M.T. Hundertmark-Santos Martins. – Tübingen:
Niemeyer 1995. – 174 S.
6. Ionescu A.
"Falsche Freunde": deutsch-rumänische lexikalische Interferenzen
/ A. Ionescu. – Berlin: wvb, 2014. – 367 S.
7. Juhász J.
Probleme der Interferenz / J. Juhász. – München: Hueber, 1970. –
174 S.
8.
Kiyko S. Deutsch-ukrainische zwischensprachliche
Enantiosemie / S. Kiyko// Das Wort : Germanistisches Jahrbuch Russland. – 2012
/ 2013. – Nr. 27. – S. 246-262.
9.
Kiyko
S. Metalexikographische
Überlegungen
zum Wörterbuch der deutsch-ukrainischen
Falschen Freunde des Übersetzers / S. Kiyko //
Lexicographica. International Annual for Lexicography. – 2013. –
Vol. 29. – S. 199-221.
10.
Kleppin
K. Fehler und Fehlerkorrektur. Fernstudienprojekt zur
Fort- und Weiterbildung im Bereich Germanistik und Deutsch als Fremdsprache:
Teilbereich DaF / K. Kleppin. – Berlin [u.a.] : Langenscheidt, 2003. – 152
S.
11. Kroschewski A.
„False friends“ and „true friends“: Ein Beitrag zur Klassifizierung des
Phänomens der intersprachlich-heterogenen Referenz und zu den fremdsprachendidaktischen
Implikationen / A. Kroschewski. – Frankfurt a. M.: Lang, 2000. – 598 S.
12.
Mertens
J. Die sogenannten "fauxamis" in schriftlichen Textproduktionen von
Lernern des Französischen der Sekundarstufe: sprachwissenschaftliche und
didaktisch-methodische Überlegungen / J. Mertens. – Frankfurt a.M.:
Lang, 2001. – 486 S.
13.
Milan di
C. Falsche Freunde auf der Lauer :dizionario di falseanalogie e ambigue
affinitàfratedesco e italiano / di Carlo Milan, R. Sünkel. –
Bologna: Zanichelli, 1990. – 429 S.
14. Parianou M.
"Falsche Freunde" im Sprachenpaar (Neu-)Griechisch – Deutsch / M.
Parianou. – Frankfurt a.M. [u.a.]: Lang, 2000. – 240 S.
15. Raabe H. Der
Fehler beim Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachengebrauch / H. Raabe //
Fehlerlinguistik. Beiträge zum Problem der sprachlichen Abweichung. –
Tübingen: Niemeyer, 1980. – S. 61–93.
16. Weeren J.
Interferenz und Valenz. Zum Problem der „falschen Freunde“ für niederländische
Germanistikstudenten / J. van Weeren. – Leiden: door, 1977. – 138 S.