Ýêîíîìè÷åñêèå íàóêè/16.Ìàêðîýêîíîìèêà.
Vlasowa I. A.
Chervinskaya A.
Nationale Universität für Wirtschaft und Handel
namens M. Tugan-Baranowsky, Ukraine
Zwei Strategien für die Europäische Union
Auf paradoxe Weise zeigt sich das
bei der Nachhaltigkeitsstrategie für die Europäische Union, die
Beachtung verdient, auch wenn es sich dabei um keine nationale Strategie
handelt. Der Europäische Rat in Helsinki hatte im Dezember 1999 die
Europäische Kommission ersucht, „einen Vorschlag für eine
langfristige Strategie auszuarbeiten, wie die verschiedenen Politiken im Sinne
einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung
aufeinander abzustimmen sind, und ihn dem Europäischen Rat im Juni 2001
vorzulegen“. Dieser Aufforderung kam die Kommission im Frühjahr 2001 mit
dem Entwurfpapier „Nachhaltige Entwicklung in Europa für eine bessere
Welt: Strategie der Europäischen Union für die nachhaltige
Entwicklung“ nach, das der Europäische Rat daraufhin wie vorgesehen im
Juni 2001 in Göteborg verabschiedete. Die Vorgeschichte ist etwas
kompliziert. Dieser zentrale Beitrag Europas zur nachhaltigen Entwicklung
knüpft an die Lissabonner
Strategie zu Vollbeschäftigung und Wachstum an, mit der die Staats-
und Regierungschefs im Jahr zuvor als neues strategisches Ziel der EU
angekündigt hatten, die Union innerhalb von zehn Jahren zum
„wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum
in der Welt zu machen – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein
dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und
einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“. Schließlich
hatte der Europäische Rat im März 2001 in Stockholm – das war das
Treffen vor Göteborg – beschlossen, die Strategie der EU für die
nachhaltige Entwicklung solle den in Lissabon angestoßenen Prozess
für Beschäftigung, Wirtschaftsreformen und sozialen Zusammenhalt
aufnehmen und um die Umweltdimension ergänzen. Damit wurde zugleich der
1998 angestoßene „Cardiff-Prozess“, d.h. die Integration der
Umweltbelange in die einzelnen EU-Politiken, mit der Beschäftigungsstrategie
verzahnt. Der Europäische Rat will sich künftig auf seiner
jährlichen Frühjahrstagung immer mit dem aktuellen Stand der
nachhaltigen Entwicklung befassen. Auch wenn die bekannte Trias der
Nachhaltigkeit bekräftigt wurde, dass Wirtschaftswachstum, sozialer
Zusammenhalt und der Umweltschutz auf lange Sicht Hand in Hand gehen
müssten, legt das Vorgehen der EU den Eindruck nahe, die Perspektive der
nachhaltigen Entwicklung sei nachträglich auf eine Wachstums- und
Beschäftigungsstrategie aufgepfropft worden.
In gewisser Weise scheint sich
damit ein historisches Strukturmerkmal der europäischen Integration zu
bestätigen. Die europäischen Verträge nahmen ursprünglich
nicht Bezug auf die Umweltdimension. Erst seit 1987 vermag die EU unmittelbar
um der Umwelt willen, also nicht nur im Rahmen des wirtschaftlichen
Zusammenhangs, die Initiative zu ergreifen. Mit dem im Mai 1999 in Kraft
getretenen Amsterdamer Vertrag erhielt der EG-Vertrag im Hinblick auf
nachhaltige Entwicklung zwei Verbesserungen. Im Artikel 2, der die Ziele der
Gemeinschaft beschreibt, wurden die sozialen und ökonomischen Ziele mit
einer Umweltdimension zum Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung ergänzt.
Zusammen mit den institutionellen Zielen der Gemeinschaft, wie z.B. die
Errichtung der Währungsunion, sind im Vertrag nunmehr vier Dimensionen der
Nachhaltigkeit reflektiert. Die zweite Verbesserung, das Prinzip der
Integration, beruht auf Artikel 6 des Amsterdamer Vertrages, welcher besagt, dass
die Erfordernisse des Umweltschutzes „bei der Festlegung und Durchführung
der ... Politiken und Maßnahmen der Gemeinschaft insbesondere zur
Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“ müssen.
Damit wird ein Prinzip umschrieben, das in Deutschland auch als
„Querschnittsklausel“ bekannt ist. Umweltschutz ist demnach als
sektorübergreifendes Gebot zu verstehen, was die Integration von
Umweltaspekten in die Zielsysteme anderer Fachpolitiken voraussetzt.
Weiterhin aber handelt es sich um
eine europäische Nachhaltigkeitsstrategie, in welche die
entwicklungspolitische Dimension der Agenda 21 nicht integriert ist. Zu den
„größten Gefahren für die nachhaltige Entwicklung“ rechnet die
EU-Nachhaltigkeitsstrategie neben Feldern wie Klimaschutz und dem Rückgang
der biologischen Vielfalt die Armutsbekämpfung auf dem europäischen
Kontinent, die Überalterung der Bevölkerung oder die
Lebensmittelsicherheit.
Weil hinsichtlich der
Nord-Süd-Aspekte ein Defizit vorlag, verwies der Europäische Rat bei
der Verabschiedung des bald als „interne Strategie“ apostrophierten Dokuments
darauf, dass die globale Dimension zu vertiefen sei. Insbesondere war noch
unklar geblieben, welche strategischen Komponenten in einen möglichen Global
Deal in Johannesburg eingehen sollten.
Die Europäische Kommission
veröffentlichte im Februar 2002 daraufhin eine ergänzende „externe
Strategie“, die den Titel „Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft für
eine nachhaltige Entwicklung“ trägt.
Selbstbewusst heißt es
darin: „Die Europäische Union ist prädestiniert dafür, im
Streben nach einer globalen nachhaltigen Entwicklung eine Führungsrolle zu
übernehmen“.
Nach Annahme der Strategie durch
den Ministerrat konzentrierten sich die Staats- und Regierungschefs auf ihrer
Juni-Tagung in Sevilla darauf, den Vorgipfel in Bali zu erörtern und die
in der Zwischenzeit zu Johannesburg vorliegenden Beschlüsse des
Ministerrates und allgemeinen Standpunkte zu billigen. Anschließend wurde
eine „EU-Agenda“ für Johannesburg veröffentlicht. Im Frühjahr
2003 soll die Gesamtstrategie für nachhaltige Entwicklung daraufhin
überprüft werden, wie die Ergebnisse des Weltgipfels umzusetzen sind.
Was die spezifischen Positionen
der Europäer für Johannesburg betrifft, wird noch auf das Beispiel
Klimaschutz zurückzukommen sein. Generell baut die EU auf den Ergebnissen
der WTO-Konferenz in Doha sowie der UN-Konferenz für
Entwicklungsfinanzierung in Monterrey auf. Dort haben die EU-Staaten bereits
ihre konkreteste entwicklungspolitische Zusage gemacht, als sie ankündigten,
im Rahmen ihrer jeweiligen Haushaltsmittelzuweisungen bis 2006 die
öffentliche Entwicklungshilfe auf mindestens 0,33 Prozent aufzustocken.
Wegen der Mitgliedstaaten, die jetzt schon einen höheren Beitrag leisten,
wäre damit ein Gesamt-Durchschnittswert von 0,39 Prozent erreicht. Mit dem
bereits erwähnten Cotonou-Abkommen aus dem Jahr 2000 versucht die
Europäische Union ihrer Kooperation mit den AKP-Staaten eine neue
Qualität zu verleihen. Nichtsdestoweniger beklagen Fachleute
unverändert die mangelnde Kohärenz der EU-Entwicklungspolitik mit der
Handelspolitik. Gerade in der anspruchsvollen Integration der zahlreichen
Politikfelder – die Umwelt- und Landwirtschaftspolitik gehören genauso
hierher – liegt die wahre Herausforderung einer erfolgreichen Nachhaltigkeitspolitik.
Bei alldem ist auch klar, dass eine europäische Strategie die nationalen
Nachhaltigkeitsstrategien zwar komplettieren und verstärken kann, wie in
der Handelspolitik. Der Großteil der Verantwortung für die
Ausführung einer gemeinsamen Strategie liegt jedoch bei den einzelnen
Staaten mit ihren Zuständigkeiten z.B. in der Entwicklungs-Umwelt- oder
Steuerpolitik.
DIE LISTE DER VERWENDETEN
LITERATUR
1.
„Europäischer Rat 10. und 11. Dezember 1999 Helsinki.
Schlussfolgerungen des Vorsitzes“ <www.europarl.eu.int/summits/hel1_de.htm>
2.
„Europäischer Rat 23. und 24. März 2009 Lissabon.
Schlussfolgerungen des Vorsitzes“
<www.europarl.eu.int/summits/lis1_de.htm>