Ýêîíîìè÷åñêèå íàóêè/16.Ìàêðîýêîíîìèêà.
Vlasowa I. A.
Ismailova O.
Nationale Universität für Wirtschaft und Handel
namens M. Tugan-Baranowsky, Ukraine
Forschungsgruppe Ökonomie Berlin
Die Interdisziplinäre
Forschungsgruppe Lokale Ökonomie im Technologie-Netzwerk Berline.V. ist
aus dem von der Technischen Universität Berlin zwischen 1988 und 1992
geförderten Interdisziplinären Forschungsprojekt zu
„Entstehungsgeschichte, Verlauf und Wirkungsweiselokaler Strategien in
Krisenregionen“ hervorgegangen. Noch unter dem unmittelbaren Eindruck der
dramatischen Ereignisse in den Neuen Bundesländern nach der
Wiedervereinigung war der Kongress von einer Aufbruchstim munggekennzeichnet
sowie von der Bereitschaft, nach neuen Lösungen zu suchen und sich dabeivon
den Erfahrungen anderer anregen zu lassen. So wurde der Erfahrungsaustausch
bereitsmit der These eröffnet: „In den verschiedenen lokalen Strategien
ökonomischer Selbsthilfe aus europäischen Krisenregionen entwickeln
sich die Umrisse eines neuen oder dritten Wirtschaftssektors, dersich von
traditioneller marktwirtschaftlicher ebenso wie von staatlich gelenkter
Wirtschaftsweise unterscheidet“. Dabei wurde der Entwicklung dieses Dritten
Sektors im Prozess der Rekonstruktion von Krisenregionen eine
Schlüsselrolle zugewiesen: „Krisenregionen zeichnen sich aus durch- einen
drastischen Rückgang der Beschäftigung und der
Investitionstätigkeit imprivaten oder ersten Sektor, - Einsparungen im
öffentlichen oder zweiten Sektor und- ein versuchen, ihre Reproduktion zu
sichern. Diese ‚Wirtschaft im Schatten‘ kann sowohl zum Nährboden für
Kriminalität und Gewalttätigkeit werden, als auch zum Ausgangspunkt
für die Wiederherstellung von Gemeinsinn, Identität und für den
Aufbau neuer Formen einer solidarischen Ökonomie. Siemüsste dazu allerdings
aus dem Schatten ans Licht und ins Zentrum lokaler Wirtschafts- und
Sozialpolitik gestellt werden, mit dem Ziel, einen eigenständigen
gemeinnützigen Sektor derÖkonomie zu schaffen.“ Die Diskussion um die
Möglichkeiten und Chancen eines solchen Dritten Sektors führtest schließlich
am Ende des Kongresses zur Gründung eines Europäischen Netzwerks
fürökon komische Selbsthilfe und lokale Entwicklung, dessen
Koordinierungsstelle Technologie-Netzwerk Berlin übertragen wurde. Als
eine der Hauptaufgaben des Netzwerks wurde die Förderung europaweiter
vergleichender Forschung in diesem neuen Arbeitsfeld bestimmt. 6Auf diesem
Kongress wurde auch unseres Wissens zum ersten Mal das Konzept „Sozial
Enterprise“ thematisiert. Es fand in den folgenden Jahren unter dem Titel
„Sozialbetrieb“ Eingang in die arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische
Diskussion im Land Berlin. Allerdings stieß bereits der Begriff auf
ideologisch motivierte Widerstände, so dass dasursprünglich von der
Berliner Senatsverwaltung gefördertes Modellprojekt in
„Arbeitsförderbetriebe“ umgewandelt wurde. Wichtiger jedoch als die
Namensänderung wardie ordungspolitische Reduktion der
Arbeitsförderbetriebe auf zeitlich befristete Institutionendes Zweiten
Arbeitsmarktes. Andere Bundesländer sind diesem Beispiel gefolgt, z. T.
ohne an Begriffen wie Sozialbetrieb, sozialer Wirtschaftsbetrieb etc.
Anstoß zu nehmen, allerdingsstets mit der gleichen Beschränkung auf
befristete Fördermaßnahmen für Arbeitslose undderen anschließende
„Integration“ in den sog. Ersten Arbeitsmarkt. Selbst in dem amweitesten
fortgeschrittenen Modellprojekt der „Sozialen Betriebe“ im Land Niedersachsen,
welches immerhin einen Förderzeitraum von 5-6 Jahren vorsah, war nicht
daran gedacht, auswiesen „Sozialen Betrieben“ langfristig tragfähige
Soziale Unternehmungen entstehen zulassen. Nach Ablauf der Förderung
sollten entweder voll marktfähige Ausgründung enentstanden oder die
Mitarbeiter auf entsprechende Arbeitsplätze in anderen Unternehme
nvermittelt sein. Die Erfolge waren bescheiden; insbesondere blieb die Zahl der
Ausgründungen minimal, eine Erfahrung die zuvor bereits in den
großen ABM Gesellschaftender Neuen Bundesländer gemacht werden
musste. Eine genauere Untersuchung der Gründe für solche Misserfolge
hat kaum stattgefunden, wobei insgesamtfestzustellen ist, dass die Evaluierung
entsprechender Maßnahmen und Modellproje kteäußerst mangelhaft
war oder ganz unterblieben ist. Die IFG Lokale Ökonomie hat die
Entwicklung in den Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften sowie
den verwandten Institutionen des Zweiten Arbeitsmarktes in Zusammenarbeit mit
den entsprechenden Verbänden kontinuierlichwissenschaftlich begleitet,
allerdings fast ausschließlich mit Mitteln der Europäischen Union,
die über die Mitarbeit in transnationalen Forschungsvorhaben und Projekten
eingeworbenwerden konnten. Andererseits lag darin auch eine ungewöhnliche
Chance bzw. Herausforderung, die es ermöglichte, die deutschen Erfahrungen
mit denen aus and ereneuropäischen Ländern zu vergleichen. Die Ergebnisse
sind in mehreren Forschungsberi chtendokumentiert: „Grundwerte und Strukturen
Sozialer Unternehmen in Westeuropa“, „Der Beitrag Sozialer Unternehmen zur
Arbeitsbeschaffung in Deutschland“, „Integration ins Erwerbsleben durch
Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften in der Region
Berlin-Brandenburg“, „Der Beitrag Sozialer Unternehmen zur ökonomischen
Gemeinwesentwicklung in 6europäischen Ländern „Das
Beschäftigungspotential Sozialer Unternehmen in 6 EU-Mitgliedsstaaten“, “The
Role of Intermediary Support Structures in Promoting Third System Employment Activities
at Local Level/RISO”, Eine der wichtigsten Erkenntnisse bestand darin, dass
Sozialen Unternehmungen in vielenLändern der Europäischen Union und –
mit Einschränkungen – in bestimmten Abteilungender Europäischen
Kommission durchaus bedeutende wirtschafts- und sozialpolitische Funktionen
zugeschrieben werden, z.B. in der Beschäftigungspolitik und in der
Bekämpfungder sozialen Ausgrenzung.
So ist bereits im Weißbuch
über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung darauf
hingewiesen worden, dass neue Beschäfti gungsmög lichkeitenin
sbesondere auf der lokalen Ebene im Bereich bislang unversorgter
Bedürfnisse zu findensind. In der Folge hat die Forschungsstelle für
Zukunftsfragen der Europäischen Kommission auf der Basis von
Praxisbeispielen aus ganz Europa 17 Wachstumsfelder für lokale
Beschäftigungsinitiativen vorgestellt. Die Studien folgten der Erkenntnis,
dass gerade in den von der wirtschaftlichen Entwicklung benachteiligten
Gebieten kein Mangel an Arbeit herrscht, sondern ein Mangel in der Versorgung
der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen. Das betrifft: - die
Versorgung der Grundbedürfnisse wie Ernährung und Wohnen, -
kleinräumige technische Systeme in den Bereichen Energie, Verkehr, Ver-
und Entsorgung, - gemeindenahe Dienstleistungen in sozialer und produktiver
Hinsicht, - die Förderung der lokalen Kultur, - die Naherholung und
Freizeitgestaltung, - Umweltreparatur und Umweltprävention, - und nicht
zuletzt die kommunale Infrastruktur.1Allerdings hat der hier umrissene Markt
zur Versorgung regionaler bzw. lokaler Bedürfnisse ein wesentliches
Handikap. Den potentiellen Marktteilnehmern fehlt auf der Nachfrageseite,
sowohl bei den privaten Haushalten als auch bei den betroffenen Kommunen, die
erforderliche Kaufkraft, um daraus profitträchtige Geschäftszweige
und entsprechende Unternehmensgründungen zu finanzieren. Umgekehrt fehlt
den potentiellen lokalen Akteure nauf der Angebotsseite in der Regel das
erforderliche Kapital, um einen lokalen Wirtschaftskreislauf in Gang zu setzen.
Die Erschließung dieser lokalen Märkte setzt folglich
wirtschaftliche Innovationen voraus – und zwar auf der betriebswirtschaftlichen
Ebene der einzelnen Unternehmungen sowie auf der übergeordneten Ebene der
unterstützenden bzw. intermediären Einrichtungen. In diesem
Zusammenhang ist immer wieder auf das Konzept der „Sozialen Unternehmungen“
hingewiesen worden. Soziale Unternehmen sind in den Best Practice-Sammlungen zu
den Gemeinschaftsprogrammen wie z.B. „Third System and Employment“ und „Acting
Locally for Employment“ immer wieder als vorbildlich beschrieben worden.
Dennoch ist bisher kaum untersucht worden, worauf diese Wirkun gberuht bzw. was
genau Soziale Unternehmungen – wenn überhaupt – zum Hoffnung strägerim
Kampf gegen Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung prädestiniert. So
sind zwar die entsprechenden positiven Effekte Sozialer Unternehmungen –
zumindest anhand ausländischer Beispiele – empirisch zu belegen, das Wie
und Warum aber bleibt weitgehend 1 Dieses Arbeitsfeld ist nach der
Flutkatastrophe von besonderer Aktualität. 8unaufgeklärt. Damit
rückte zwangsläufig die innerbetriebliche Ebene, die konkrete
Arbeitsund Unternehmensgestaltung in den Mittelpunkt des Interesses, und zwar
nicht nur aus akademischen Gründen, sondern als Voraussetzung für
praktische und politische Handlungsempfehlungen.