Экономические науки/16.Макроэкономика.
Vlasowa I. A.
Tkachenko M.
Nationale Universität für Wirtschaft und Handel
namens M. Tugan-Baranowsky, Ukraine
Monetäres Ziel versus Inflationsziel
Die Transmission monetärer
Impulse durch die Volkswirtschaft ist ein komplizierter Prozess, der durch
verschiedene Kanäle läuft. Eine Modellierung dieses Prozesses mit dem
Ziel, die Wirkungen der Geldpolitik vorherzusagen, wird zusätzlich
erschwert durch die Unsicherheit über die Intensität und Dauerhaftigkeit
der Wirkungen und die zeitliche Verzögerung ihres Eintritts. Darüber
hinaus sind die Institutionen zu berücksichtigen1. Es wäre deshalb
ein mühsames Unterfangen, vor einer geldpolitischen Entscheidung den
Transmissionsprozess umfassend zu analysieren. Der Zentralbankrat muss seine
Entscheidungen rasch treffen, ohne alle Einzelheiten der Transmission
monetärer Impulse zu überprüfen, und er muss eine Entscheidung
der Öffentlichkeit verständlich machen können. Zu diesem Zweck
benutzt er ein geldpolitisches Konzept, das eine allgemeine Vorstellung von der
Wirkungsweise der Geldpolitik zum Ausdruck bringt und aus den besonderen
Umständen des Transmissionsprozesses abgeleitet ist. Die Grundelemente
dieses Konzepts sind die Ziele und Instrumente der Geldpolitik sowie die Indikatoren
zur Messung der geldpolitischen Effekte.
Die Debatte über die
Konzepte der Geldpolitik dreht sich vor allem um die Indikatoren. In einem
internationalen Vergleich zeigt sich, dass Zentralbanken grundsätzlich die
gleichen Ziele verfolgen und vorwiegend den kurzfristigen Refinanzierungssatz
als Instrument einsetzen. Kontrovers ist dagegen, welcher Indikator zur Messung
der Wirkungen der Geldpolitik benutzt werden sollte. Auf diese Frage gibt es
keine eindeutige Antwort. Grundsätzlich kann eine Zentralbank entweder
versuchen, den Transmissionsprozess in einem frühen Stadium zu
kontrollieren, damit sie ein klares Bild von den Wirkungen ihrer
Maßnahmen erhält. In diesem Fall wird sie eine Variable als
Indikator wählen, die sie direkt kontrollieren kann, z.B. ein
monetäres 1 In der Europäischen Währungsunion gibt es deutliche
nationale Unterschiede in der Struktur und der Regulierung des Finanzsektors,
die Einfluss auf die Wirkungen der Geldpolitik haben können. Neuere empirische
Untersuchungen auf der Grundlage von Mikro-Daten zeigen jedoch, dass die Banken
trotz der strukturellen Unterschiede in bemerkenswert ähnlicher Weise auf
Impulse der Geldpolitik reagieren Aggregat. Oder sie wählt einen
Indikator, der in enger Beziehung zu ihrem eigentlichen Ziel, der
Geldwertstabilität, steht. In diesem Fall weiß die Zentralbank, wann
sie handeln muss, aber sie kann die Wirkungen ihrer Maßnahmen nicht
direkt kontrollieren.
Eine Strategie, die ein
monetäres Ziel setzt, beruht auf der Quantitätstheorie des Geldes. Es
wird eine stabile Beziehung zwischen dem Basisgeld und der Geldmenge angenommen.
Da die Zentralbank das Basisgeld emittiert und so die Liquidität des Bankensektors
kontrolliert, hat sie – in einer längerfristigen Perspektive – auch Kontrolle
über die Geldmenge. Die Quantitätstheorie des Geldes nimmt
darüber hinaus an, dass langfristig ein stabiler Zusammenhang zwischen der
Geldmenge und dem Preisniveau besteht. Unter dieser Annahme hat eine
Zentralbank, die ein monetäres
Aggregat wie M3 kontrolliert, also auch das Preisniveau unter Kontrolle.
Eine Strategie des monetären
Ziels folgt einer sehr einfachen Regel und vermeidet diskretionäre
geldpolitische Aktionen. Sie beruht auf einer starken Überzeugung von der
Stabilität der kapitalistischen Marktwirtschaft und bezieht sich, gepaart
damit, auf die Erfahrung, dass geldpolitische Interventionen in der
Vergangenheit eher destabilisierende Effekte hatten. Sie setzt jedoch eine
stabile Geldnachfrage voraus. Wird diese Annahme verletzt, zum Beispiel wenn
eine Währung auf den internationalen Finanzmärkten als
Reservewährung fungiert, kann es zu großen Veränderungen der
monetären Aggregate kommen, die keineswegs ein monetäres Ungleichgewicht
anzeigen müssen. Im Gegenteil, um das monetäre Gleichgewicht zu wahren,
sollte das Geldangebot diesen Änderungen der Geldnachfrage angepasst werden.
Damit aber wird die Regel des monetären Ziels obsolet, auch wenn die Quantitätstheorie
des Geldes nicht widerlegt ist. Eine starke Varianz in den monetären
Aggregaten taugt einfach nicht als Indikator der Geldpolitik. Die Deutsche Bundesbank,
die ein Geldmengenziel M3 verfolgte, stand vor diesem Problem. Ihre Strategie
wurde als pragmatisch eingeschätzt, weil die Bundesbank häufige und große
Abweichungen vom M3-Ziel akzeptierte. Die Bundesbank legte in diesen Fällen
großen Wert darauf, sorgfältig zu erklären, warum die
Abweichungen der monetären Aggregate vom Zielwert keine Gefährdung
für das Ziel der Preisniveau Stabilität darstellen. Obwohl sie sich
aus ökonomischer Sicht vollkommen rational verhielt, so ist doch klar,
dass mit dieser Praxis ein monetäres Ziel seinen Wert als Indikator der
Geldpolitik verliert, von dem ein Zuwachs an Glaubwürdigkeit erwartet wird.
Diese Kritik an der Strategie des Geldmengenziels überzeugte viele Beobachter
und Praktiker, eine Strategie der direkten Inflationsteuerung als
geldpolitisches Konzept vorzuziehen. Es ist bezeichnend, dass die Zentralbanken
kleiner offener Volkswirtschaften mit außenwirtschaftlichen
Ungleichgewichten die ersten waren, zu diesem Konzept zu wechseln.
Bei der direkten
Inflationsteuerung gibt es kein Zwischenziel, sondern die Zentralbank
beobachtet und analysiert sorgfältig alle möglichen
Bestimmungsgründe der Inflation. Angesichts der Unsicherheiten des
Transmissionsprozesses und der time-lags bei der Übertragung
monetärer Impulse hat sich die Zentralbank an der künftigen
Inflationsrate zu orientieren. Damit wird eine umfassende Inflationsprognose
erforderlich, die einen Zeitraum abgreift, welcher der Wirkungsverzögerung
monetärer Impulse entspricht. Diese Zeit wird gewöhnlich auf 2
½ Jahre geschätzt. Bei diesem Konzept ist es also die
Inflationsprognose, die das Zwischenziel ersetzt. Die Regel für
geldpolitische Aktionen ist dann einfach. Die Zentralbank muss tätig
werden, sobald die Inflationsprognose vom Inflationsziel abweicht.
Literaturhinweise
1. Aguiar, A.,
Martins, M. (2005), The preferences of the euro area monetary policymaker.
Journal of Common Market Studies vol. 43 (2), pp. 221-250.
2. Allsopp, Ch.,
Artis, M. (2003), The Assessment: EMU, four years on. Oxford Review of Economic
Policy vol. 19 (1), pp. 1-29.