Ýêîíîìè÷åñêèå íàóêè/16.Ìàêðîýêîíîìèêà.
Vlasowa I. A.
Trandafilova M.G.
Nationale Universität für Wirtschaft und Handel
namens M. Tugan-Baranowsky, Ukraine
Auf
dem Wege zu europäischen Regionen
Europa ist für
die ostdeutschen Länder Herausforderung und Chance. Das zeigen die letzten
zwölf Jahre; das macht aber auch der Blick in die Zukunft deutlich.
Mit der
Neukonstitutierung der fünf ostdeutschen Länder und dem
anschließenden Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Die
Ausgestaltung ihrer föderalen Qualität hatte für die
ostdeutschen Länder von Beginn an auch eine internationale Dimension. Es
begann deren nachholende internationale Vernetzung, die sich auf den Raum der
Europäischen Union konzentrierte, jedoch auch andere Gebiete Europas und
darüber hinaus umfaßte. Die Realisierung dieser transföderalen
Beziehungen war ein langsamer Prozeß, der sowohl die Notwendigkeiten als
auch die Schwierigkeiten internationalen Handelns föderaler Einheiten
aufzeigte. Folgten sie dabei zunächst den westdeutschen Ländern, so
führten die sozialen, politischen und geographischen Rahmenbedingungen
eines postsozialistischen Transformationsprozesses schrittweise auch zur
Formulierung und Umsetzung eigener Interessen in den Außenbeziehungen.
Dabei traten sie bisher trotz zunehmender Differenzierung vor allem im Rahmen
der Europäischen Union weitestgehend als eine Gruppe auf. Die ostdeutschen
Akteure mußten sich in das außerordentlich differenzierte und
vielschichtige Netzwerk der Europäischen Union integrieren: Komplizierte Strukturen
mußten kennengelernt, schwierige Politikprozesse auf mehreren Ebenen
eingeübt und der neue, oftmals fremde Markt entdeckt und erobert werden.
Lange Zeit wurde Brüssel auch unterschätzt, sowohl in der Politik als
auch in der Wirtschaft! Gewiß, die EU bot auch Unterstützung
für die Politik in Ostdeutschland: sowohl finanzielle Ressourcen als auch
politische Legitimation. Aber auch dies war keine Selbstverständlichkeit, dafür
mußte man handeln.
Nach zwölf
Jahren haben sich diese fünf Länder als ostdeutsche Region innerhalb der
EU etabliert. Trotz aller Unterschiede zwischen ihnen sind sie bis heute durch
die Gemeinsamkeit der Geographie, der Geschichte und der sozioökonomischen
Bedingungen gekennzeichnet. Sie haben gemeinsame Interessen und dies schlägt
sich auch im gemeinsamen bzw. abgestimmten Handeln in und gegenüber
Brüssel nieder. Die Spezifik dieser Region innerhalb der EU kann in
zweifacher Hinsicht gesehen werden: Erstens gehört nun erstmals
eine Gruppe deutscher Länder zu den wirtschaftlich schwächsten
Gebieten der EU und damit zu deren Ziel-1-Förderzo- ne. Bereits in
Auseinandersetzungen um die Anerkennung dieses Status` zeigte sich, daß
sie ihre Interessen aktiv selbst formulieren und gegenüber der
EUKommission und anderen Regionen in der EU vertreten. In dem wichtigsten Feld
deutscher Außenpolitik, der EU-Politik, können wir deshalb heute von
einer speziellen Gruppe sprechen, die von den anderen deutschen Ländern abgesetzte,
eigene Interessen verfolgt. Heute, so scheint mir, können wir im Bezug auf
die Europäische Union von einem spezifischen politischen Raum innerhalb
Deutschlands ausgehen, der spezifische Interessen hat und diese auch politisch
vertritt.
Gewissermaßen
kann dies auch als die erste Erweiterung der EU nach Osten gesehen werden. Mit
den ostdeutschen Ländern kam ein Gebiet in die EU, das als östliche
Peripherie Westeuropas direkt an die mittel- und osteuropäischen
Transformationsgesellschaften grenzt, ja selbst vielfach mit diesen verbunden
ist. Obwohl der postsozialistische Transitionsprozeß im Osten
Deutschlands angesichts der nationalen Spezifik sicherlich zu recht als ein
Sonderfall angesehen wird, bleibt er doch ein Bestandteil jenes Umbruchs, der
mit dem Jahr 1989 einsetzte und bis heute fortdauert. Dabei macht die postsozialistische
Transformationsgesellschaft in Ostdeutschland auch jene Herausforderungen
sichtbar, denen sich die EU im Zuge der künftigen Osterweiterungen zu
stellen haben wird. Und diese unterscheiden sich qualitativ und quantitativ
erheblich von jenen Problemen, die mit den (politischen) Transitionen in
Spanien und Portugal der 70er und 80er Jahre verbunden waren. Das betrifft sowohl
die wirtschaftliche, soziokulturelle als auch die finanzielle Dimension. Der
Osten und seine Probleme kommen damit immer mehr auf die politische Agenda des
Westens. Wenn man bedenkt, daß es gerade abendländische Politiker
wie Adenauer, De Gasperi und Schuman waren, die das „karolingische“
Integrationsprojekt EG begründeten und es sicherlich auch kein
geographischer Zufall war, daß die EG mit Römischen Verträgen
begann, so werden die künftigen Herausforderungen für die
Europäische Union offenbar. Vielleicht werden mit der
„Europäisierung“ Ostdeutschlands auch die Problemlagen sichtbar, vor denen
der westeuropäische Integrationsprozeß zu Beginn des 21.
Jahrhunderts stehen wird. Vielleicht stellen damit die ostdeutschen Länder
einen wirtschaftlichen und soziokulturellen Raum dar, der eine Chance des
Lernens für Westeuropa bietet.
Aus der
„Europäisierung des Ostens“ von Deutschland können somit Lehren gezogen
werden, um der existentiellen Herausforderung einer Osterweiterung der EU
sinnvoll begegnen zu können.
Innerer
Reformdruck, wie er sich in den Debatten des gegenwärtigen
Europäische Konvents artikuliert, und die näher kommende Osterweiterung,
sind die beiden Herausforderung, vor denen die ostdeutschen Ländern in
ihren Europapolitik am Beginn des 21. Jahrhunderts stehen. Vor allem die
Erweiterung nach Osten bringt Veränderung und fordert eine aktive Politik.
Die Osterweiterung bedeutet für diese Länder, daß sie von der
Peripherie in „die Mitte” wandern werden, geographisch und in den Statistiken.
Das bringt Vorteile, aber auch Probleme für diesen weiterhin
strukturschwachen Raum: Der relative Lohnkostenvorteil wird als Standortvorteil
wegfallen; mit der Freizügigkeit von Arbeitskräften wird sich das
Problem Arbeitslosigkeit verschärfen und mit der Überschreitung der
75-Prozent-Hürde beim BIP im EU-Durchschnitt wird sich der Zugang zu
Fördermittel verschlechtern. Zugleich bieten sich neue Chancen: Aus dem
„Beitrittsgebiet” soll eine „europäische Verbindungsregion” werden. Es
wächst die strategische Bedeutung auf der Ost-West und auf der
Nord-Süd-Achse. Neue Produktions- und Austauschbeziehungen entstehen und
vorhandene intensivieren sich. Es geht um die Schaffung von neuen Zentren des
Austausches und der Kommunikation, sei es in der Logistik oder in der
Wissenschaft. Dabei werden auch die Kooperationsbeziehungen mit den mittel- und
osteuropäischen Staaten, die in den vergangenen zehn Jahren systematisch
(wieder) auf- und ausgebaut wurden, von großem Nutzen sein.
Wohlgemerkt, dies
ist eine Chance, aber kein Automatismus! Das erfordert politisches Handeln, und
davor ein Umdenken. Die regionalen Entwicklungsstrategien in den ostdeutschen
Ländern müssen stärker in ihrer europäischen Dimension
gedacht werden. Perspektiven und Kriterien müssen verändert werden –
wobei die finanzielle Unterstützung und neue Investitionen weiterhin dazu
gehören werden! Damit könnte die Chance zur Realität werden – ansonsten
wird nicht eine „europäische Verbindungsregion“ entstehen, sondern eher
eine „europäische Durchgangszone“, auf deren modernen Autobahnen westeuropäisches
Kapital zu Billiglöhnen und expandierenden Märkten im Osten streben
wird. Es steht also die Herausforderung vor den ostdeutschen Ländern, sich
stärker als „europäische Region“ zu begreifen, sich bewußter in
diesen europäischen Kontext zu stellen und auch im politischen Alltag – in
den einzelnen Ländern wie auch in Brüssel - umzusetzen. Das ist nicht
einfach: die Konkurrenz ist groß, die Ressourcen aber begrenzt und oft
ist das landespolitische Hemd näher als der europäische Rock. Wenn
man aber im europäischen Konzert der Regionen mitspielen will, muß
man dafür auch Mittel einsetzen! Dafür sollte man z.B. die
Landesvertretungen in Brüsk sei ausbauen und die besten Leute dorthin
schicken, die unmittelbar und direkt die Interessen des Landes wirksam
vertreten können.
Dies ist sicherlich
ein „weites Feld“, das in den nächsten Jahren von allen Akteuren in den
ostdeutschen Ländern, den politischen, den kulturellen, aber auch von der
Wissenschaft, zu bestellen ist.
DIE LISTE DER VERWENDETEN
LITERATUR
1. Bullmann,
U. (Hg.), Die Politik der dritten
Ebene, Regionen im Europa der Union, 2004.
2. Fuhrmann-Mittelmeier,
D., Die deutschen Länder im Prozess
der europäischen Einigung, 2008.